AK Saale-Orla auf den Spuren der Tuchmacherfamilie Horn

von Daniel Pfletscher - 27.06.2022

Mehr als zehn Monate nach unserem letzten Treffen nutzten wir die Gunst der Stunde, um endlich einmal wieder ein Arbeitskreistreffen in Präsenz durchzuführen. Am 25. Juni waren Familienforschende, die auf dem Gebiet zwischen Saale und Orla aktiv sind, in die ostthüringische Buchstadt Pößneck eingeladen.

Am Vormittag wandelten wir auf den Spuren der Tuchmacherfamilie Horn. In der Unteren Johannisgasse 1 steht ein Haus, das Jahrzehnte lang heruntergewirtschaftet und nach Jahren des Leerstandes von der Stadt angekauft und aufwendig saniert wurde. Heute kann es im Rahmen von Führungen besichtigt werden.

Frau Sickel, kundige Pößnecker Stadtführerin, erläuterte uns die Baugeschichte des Wohn- und Handwerkerhauses, das in der Mitte des 16. Jahrhunderts erbaut wurde, wie dendrochronologische Untersuchungen belegen. Wir staunten über die Schwarze Küche mit dem für uns heute ungewohnten Rauchabzug über den Dachboden. Beeindruckt haben uns auch die Bohlenstuben und die tonnengewölbten, geräumigen Kellerräume, die bis unters Nachbarhaus führen – Indiz für eine einstige bauliche Einheit der Gebäude. Andere bauliche Details wie ein Laubengang sind leider nicht erhalten geblieben.

Für uns als Familienforschende war es besonders spannend zu hören, wer hier einst wohnte. Heimatforscher Karl Ernst hatte in seinen Recherchen Geschossregister, Häuserverzeichnisse und Adressbücher ausgewertet und viele Details zur Geschichte der Tuchmacherfamilie Horn veröffentlicht, die hier bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Wolle verarbeitete, spann, Tuche webte und färbte. Dann diente das Haus als Schankwirtschaft, auch nach dem Verkauf 1867. [1]

Nach unserer Führung fanden wir uns im Pößnecker Ortsteil Köstitz in der Gaststätte „Zur Erholung“ ein. Hier erlebten wir wieder das passende Umfeld, um uns auszutauschen.

Karina Falk, stellvertretende AK-Leiterin, machte den Auftakt unseres “Vorfahren-Bingos”. Unter diesem Motto wollen wir zukünftig noch konkreter Suchpunkte miteinander besprechen und uns Ansätze für gegenseitige Unterstützung vorstellen.

In der Folge machten Ahnenlisten die Runde und die Notebooks liefen heiß. Einige Teilnehmende nutzten die gesellige Runde, ihre Funde zu präsentieren. So erzählte eine Forscherin von ihrem jüngsten Erfolg. Der neue Eigentümer eines Hauses in ihrem Heimatort hatte auf dem Dachboden eine Kiste mit alten Fotos ihrer Schwiegerfamilie gefunden. Darunter auch das Gruppenfoto von den Feierlichkeiten einer goldenen Hochzeit.

Die Braut hält darauf stolz eine großformatige Bibel mit markantem Einband. Groß war die Freude, denn genau diese Heilige Schrift befindet sich heute noch in Familienbesitz. Sie war in der Familienbibliothek schnell aufgestöbert, verglichen und untersucht. Groß auch das Erstaunen, dass in der lutherischen Bibel nicht nur das Hochzeitsdatum als Widmung zu finden war, sondern auch die Original-Unterschriften des Landesherrn, Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach und seiner zweiten Frau Feodora. Geteiltes Glück teilt sich nicht, und so konnten wir alle an dieser schönen Entdeckung teilhaben.

Ob wir uns in den nächsten Monaten wieder im persönlichen Gegenüber treffen können, wird sich zeigen. Aber wenigstens ein virtueller Stammtisch soll uns in diesem Jahr noch einmal zusammenführen.

[1] Karl Ernst: Das Tuchmacherhaus Horn in der Unteren Johannisgasse 1, seine Besitzer und das Tuchmacherhandwerk in Pößneck, in: Pößnecker Heimatblätter, Jg. 24. (2018), Heft 1 und Jg. 25 (2019), Heft 1.

Daniel Pfletscher

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