Militärbestände im Hauptstaatsarchiv Dresden als genealogische Quellen

Von Thomas Engelhardt - 03.11.2025

In genealogischen Mailinglisten und Foren wird nicht selten die Frage nach Forschungsmöglichkeiten über kursächsische Soldaten und die entprechenden Recherchewege gestellt. Kundige Genealogen verweisen dann in ihren Antworten in der Regel auf den Bestand 11241 Musterungslisten im Hauptstaatsarchiv Dresden. Von den im Hauptstaatsarchiv in Dresden überlieferten militärischen Archivbeständen erscheinen dem genealogisch Interessierten insbesondere diese jahrgangsweise geführten Musterungslisten der einzelnen Regimenter deshalb besonders interessant, weil sich aus diesen relvante genealogische Angaben wie Herkunftsort, Alter (Dienstalter), Charge, Angaben zu den Eltern usw. erschließen lassen. Die im genannten Bestand 11241 des Dresdner Hauptstaatsarchivs überlieferten Musterungslisten stellen deshalb für die genealogische Recherche über kursächsische Soldaten sicherlich die primäre Quelle dar. 

Den Gesamtbestand der mehrere Hundert Einzelbände umfassenden Musterlisten erschließt ein umfangreiches und vollständiges Findbuch, das jahrgangsweise geordnet für jedes einzelne Jahr zwischen 1681 und 1867 alle jeweils existierenden Militärregimenter (z.T. auch selbständige Bataillone) und die Bestandsnummer der jeweiligen Musterliste nennt. Eine Vorrecherche ist in einem Online-Findbuch möglich, das den Bestand 11241 erschließt.

Zur Orientierung und als Einführung sei auf den einleitenden Exkurs „Genealogische Quellen in den Militärbeständen des Hauptstaatsarchivs Dresden“ von Andrea Tonert hingewiesen, der 2012 im Sächsischen Archivblatt (Heft 2, S. 16 – 18) veröffentlicht wurde und online verfügbar ist.

Eine ebenfalls wichtige und zum Teil ebenso hilfreiche wie aufschlussreiche Quelle stellt die „Genealogische Sammlung – Militärbestände/Stammkunde“ dar, früher auch „Militär-Nationale“ genannt. [Unter dem Begriff „Nationale“ wurden individuelle Personenangaben verstanden]. Diese Belegsammlung (Bestandsnummer Nr. 11371) ist unter gewissen Gesichtspunkten als für die genealogische Forschung bedeutsamer und im Vergleich zu den Musterlisten auch hinsichtlich des Informationsgehaltes als relevanter einzuschätzen. Diese „Genealogische Sammlung der Militärbestände“ (auch „Stammkunde“) wird ebenso durch ein vor Ort einsehbares vollständiges Findbuch erschlossen. Dieses Findbuch zur „Stammkunde, Genealogische Sammlung Militärbestände“ (die genauen Bezeichnungen wechselten) weist insgesamt 14.097 alphabetisch geordnete Konvolute in Form einzelner Namensstämme aus. In jeder Beleg- bzw. Namensmappe (dieselben sind stets nur nach diesen im Findbuch genannten mehr als 14.000 Familiennamen geordnet) finden sich sehr oft Angaben zu mehreren Soldaten, die gemeinsam Träger ein und desselben Familiennamen gewesen sind, ohne zu einem Familienstamm zu gehören oder miteinander verwandt zu sein.

Die Gesamtzahl der in der so genannten „Stammkunde“ (= Militär-Nationale) erfassten Personen dürfte nach Schätzung bei einigen Zehntausend liegen. Im Einzelfall muss also stets die einzelne Aktenmappe zur Einsicht angefordert werden, um sich einen Überblick über die Art und den Umfang der in dem jeweiligen Konvolut (Stammkunde-Mappe) enthaltenen Informationen verschaffen zu können, d. h. der Bestand erscheint an und für sich unerschlossen. Die Erschließung erfolgt ausschließlich über den jeweils gesuchten Familiennamen bzw. das alpabetische Namens- verzeichnis. Um Informationen über einen gesuchten Soldaten zu erlangen ist in jedem Falle die blattweise Durchsicht des jeweiligen Konvoluts notwendig.
Einschränkend erwähnt werden muss die Tatsache, dass der Überlieferungsschwerpunkt dieses Bestandes „Genealogische Sammlung“ das 19. Jahrhundert ist.

Als von besonderem Interesse für den Forscher erweist sich ggf. auch der Bestand 11237 Geheimes Kriegsratskollegium. In diesem Bestand finden sich beispielsweise alle Verzeichnungseinheiten aus dem Militärgerichtswesen (Mord und Totschlag, Betrug und Unterschlagung, andere kriminelle Vergehen, Dienstvergehen. Klage- u. Untersuchungssachen, Nachlässe und vermögensrechtliche Angelegenheiten, Schuldensachen, Desertionen u. Deserteure). 

Darüber hinaus kommen für genealogische Recherchen über sächsische Militärangehörige weitere Quellen in Betracht, beispielsweise der Bestand 11244 Verschollenenlisten. Um eine namentliche Verschollenenerfassung der sächsischen Armee insbesondere für die napoleonische Ära vornehmen zu können wurden für den Zeitraum von 1807 bis 1823 die Verschollenenlisten angelegt. Im Rußlandfeldzug Napoleons 1812 nahmen 28000 sächsische Soldaten teil, von denen der größte Teil nicht zurückkehrte. Die Gesamtverluste der am Feldzug teilnehmenden Sachsen belief sich auf etwa 27000 Mann, nur etwa 1500 Offiziere und Soldaten kehrten zurück. Ein Beispiel: Die sächsische Kavalleriebrigade Thielmann wurde in der Schlacht von Borodino am 26.08.1812 (7.09.1812) fast vollständig vernichtet, nur 55 Mann überlebten und kehrten zurück. Der Bestand wird durch ein Findbuch sowie elektronische Findmittel erschlossen.

Ein weiterer ebenfalls nicht zu vernachlässigender Bestand im Dresdner Hauptstaatsarchiv ist der Bestand 11243 Totenlisten. Auch dieser Bestand wird durch ein Findbuch sowie elektronische Findmittel erschlossen. Insgesamt muss die Quellenlage im sächsischen HStA Dresden hinsichtlich der Recherchemöglichkeit über (kur-)sächsische Militärpersonen als sehr gut eingeschätzt werden. Der Autor besitzt unter seinen Vorfahren mehrere sächsische Soldaten und in jedem Fall konnten anhand der genannten Quellen weitergehende Angaben erschlossen und ergänzende Informationen gewonnen werden.

Hier nachstehend noch einmal die Auflistung der wichtigsten Bestände und der Bestandsnummern in der Sammlung Militärbestände im Dresdner Hauptstaatsarchiv:

Um sich einen Überblick über die Geschichte einzelner militärischer Formationen zu verschaffen, eignen sich die Einführungstexte zu den einzelnen Beständen. So werden beispielsweise im Bestand 11242) die Gliederungen und Aufstellungen der kur- bzw. königlich-sächsischen Armee dargestellt. Eine allerdings nicht vollständige Darstellung der einzelnen Regimenter und ihrer Geschichte (Kurzdarstellung, Zusammenfassungen) findet sich in den Beständen der Kriegsgerichte (Bestand 11326 und 11327).

Georg Tessin führt in dem von ihm herausgegebenen Grundlagenwerk „Die Regimenter der europäischen Staaten im Ancien régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts“ die einzelnen kur-sächsischen Regimenter und ihre Inhaber und Kommandanten auf (Teil 1 Stammlisten und Teil 2 Namen und Inhaber der Regimenter. Die aussagefähigste Darstellung der Geschichte der sächsischen Regimenter aber bietet der bereits genante Heinrich August Verlohren in „Stammregister und Chronik der Kur- und Königlich Sächsischen Armee von 1670 bis zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts“ (Nachdruck bei Degener 1983).

Thomas Engelhardt

* 1960 Sömmerda/Thür., Genealogie seit 1976
Schwerpunkt:  Thüringen (Thüringer Kreis, Kursachsen)
Mitgliedschaften:  AMF (seit 1988), AGT (Gotha/Erfurt), GFF (Nürnberg), NLF (Hannover)
Kontakt:  ThomasEngelhardt2(at)gmx.de