Christiaan Heijnevetter van Dingelsdorp oder die Stecknadel im Heuhaufen finden…

von Matthias Heinevetter - 22.07.2020

Obwohl das Internet mit genealogischen Daten überflutet ist, bei denen keine Quelle erwähnt wird, lohnt es sich, regelmäßig Internet-Suchmaschinen für neue Ansätze oder gar zur Lösung offener Fragen zu bemühen.

Philip van Daehl aus Amsterdam/NL betrieb schon aufwendige Untersuchungen zu seinen Vorfahren und denen seiner Frau. Trotzdem bleiben viele Fragen offen – die sogenannten offenen Enden. Eines dieser offenen Enden seiner Stammbäume (Vorfahrentafeln) war ein Vorfahr seiner Frau: Christiaan Heynevetter (Heinevetter) aus Amsterdam.

Christiaan Heinevetter, 32 Jahre alt, heiratete 1755 in Amsterdam Alida Ramacher aus Santen (Xanten?). Christiaan wird aus Dingelsdorp stammend aufgeführt.

In den Niederlanden gibt es aber keinen Ort Dingelsdorp. Es könnte sich dabei um Dingelsdorf handeln, was aber ein Ortsteil von Konstanz am Bodensee wäre.

Viele Jahre vergingen, ohne dass diese Frage geklärt werden konnte, bis Philip van Daehl Ende April 2020 die Website über eine Schmiedefamilie Heinevetter aus Heiligenstadt/Eichsfeld in Deutschland entdeckte, und damit auch Heinevetter-Namensträger aus Dingelstädt/Eichsfeld.

Hatte der Beamte in Amsterdam 1755 vielleicht einen Fehler gemacht oder gibt es eine geographische Beziehung von Dingelstädt zu Dingelsdorf? Letzteres war sicherlich nicht der Fall. Die beiden Orte waren mehr als 300 km weit voneinander entfernt.

Also nahm Philip van Daehl Kontakt zu Matthias Heinevetter auf, dem Administrator der Website zur Schmiedefamilie Heinevetter aus Heiligenstadt/Eichsfeld in Deutschland.

Dieser zeigte sich über die Zuschrift sehr erfreut und sagte seine Unterstützung bei der Suche nach einem Christiaan Heinevetter (geb. ca. 1723) in Dingelstädt zu. Von großem Nutzen war, dass Matthias Heinevetter seit über 30 Jahren selbst in der Familienforschung aktiv ist und zudem im AMF-Arbeitskreis Eichsfeld mitarbeitet.

Die ersten Ergebnisse lieferten keine klare Antwort. Im Ortsfamilienbuch (OFB) Dingelstädt – erstellt von Ewald Frankenberg, Weilerswist, im Jahr 2012, war zunächst unter den diversen ca. 25 Christians kein passender Christian Heinevetter in der Zeit um 1720 zu finden, der nicht schon in Dingelstädt geheiratet oder Familie gehabt hätte.

Auch eine Recherche in der Regionaldatenbank Eichsfelder Familien von Christian Stützer vom AMF-Arbeitskreis Eichsfeld für Dingelstädt erbrachte zunächst keine Lösung – die Christians wollten einfach nicht zusammen passen.

Matthias Heinevetter fragte nun direkt beim Autor des Ortsfamilienbuches Dingelstädt, Ewald Frankenberg, nochmals nach. Vielleicht war ihm ja in den Originaleinträgen im Kirchenbuch des 18. Jahrhundert eine Verschreibung, ein Fehler oder irgend eine Ungereimtheit aufgefallen oder Christian stammte aus der Umgebung von Dingelstädt, wäre also in der Nähe geboren.

Überraschend ließ sich doch noch ein Kandidat finden: Christian Joseph Heinevetter, geb. Dingelstädt 1723, Sohn von Jacob Heinevetter und Maria Clara Müller. Christiaan Heinevetters ältester Sohn in Amsterdam war ebenfalls ein Jacob, was auf den Großvater des Kindes, Jacob Heinevetter (1687-1756), deuten könnte und das Geburtsjahr passte!

6. Kind Heinevetter, Christian Joseph, m; *24.05.1723 in Dingelstädt; ~25.05.1723 in Dingelstädt (St.Gertrudis, 1723/161/22, KB_k); Paten:  Gerlach, Christian Joseph.
Bem.: Pate am 09.10.1753 bei Christian Heinebrodt, ausdrücklich als Sohn  des Jacob Heinevetter.

Ewald Frankenberg fand heraus: das 6. Kind Christian Joseph war fälschlicherweise für den verstorbenen Heinrich Joseph Heinevetter, anni 13 (*1722) eingesetzt worden. Nach nochmaliger Einsichtnahme im Kirchenbuch selbst, konnte er den Fehler berichtigten.

Zudem bemerkte Ewald Frankenberg noch, Christian könnte nach Oktober 1753, als er zuletzt im Kirchenbuch St. Gertrud zu Dingelstädt als Taufpate auftauchte, nach Holland gereist sein. In Dingelstädt sei dieser Christian jedenfalls nicht gestorben. Es habe aber einige Metzger/Fleischer aus dem Eichsfeld namentlich Dingelstädt zu der Zeit in  Amsterdam gegeben. Der Hintergrund dieser Beziehungen konnte bisher allerdings noch nicht ermittelt werden.

Ein Zweifel, den Philip van Daehl noch ausräumen wollte, betraf die unterschiedlichen Ortsangaben Dingelsdorf und Dingelstadt. Matthias Heinevetter schlug daher vor, die Taufpaten von Christians Kindern zu untersuchen.

An einem Sonntagnachmittag im Mai 2020 besuchte Philip van Daehl das digitale Archiv von Amsterdam. Das dortige Stadtarchiv stellt, wie viele andere Archive in den Niederlanden, seine Original-Archive kostenlos online. Philip fand 10 Kinder aus der Ehe Christiaan Heynevetter und Alida Ramaker:

Jacobus Franciscus Hijnevetter, geb. Amsterdam (De Posthoorn) 10. Februar 1757; Paten: Frans Bakhuysen und Elizabeth Poelmans.

Frans Bakhuysen war bereits Zeuge bei Christiaan Heynevetter’s Heirat im Jahre 1755. Elizabeth Poelmans wird mit Alida Ramaker’s erstem Ehemann verwandt sein.

Jan Simon Hijnevedder, geb. Amsterdam (De Posthoorn) 16. März 1759; Paten: Simon Kirgberg und Clara Zanders.

Christiaan Hijnevetter, geb. Amsterdam (De Posthoorn) 14. Dezember 1760; Paten: Antonij Sander und Anna Ramakers. Anna Ramakers wird mit Alida Ramaker verwandt sein.

Von den sechs Paten kamen fünf aus der mütterlichen Linie. Einer bliebSimon Kirchberg.
Der Name Kirchberg tauchte lediglich in Verbindung mit einem Hauskauf in der Anjeliersstraat in Amsterdam auf. Als Philip van Daehl diese Angaben an Matthias Heinevetter schickte, war das Rätsel gelöst:

Simon Kirchberg war ein Metzger aus Dingelstädt, der Mitte des 18. Jahrhunderts nach Amsterdam ausgewandert war, dort lebte und 1779 verstarb.

Ewald Frankenberg hatte bereits auf Dingelstädter Metzger/Fleischer hingewiesen, die nach Amsterdam ausgewandert waren, darunter Simon Kirchberg, *09.02.1732 ist +18.05.1779 in Amstelodamii/NL (gemäß Eintrag Kirchenbuch Dingelstädt), Sohn des Fleischers (LANIO) Christian Joseph Kirchberg (1700-1764) und seiner Frau Anna Christina Muer (1704-1760).

3. Kind: Kirchberg, Simon, m, rk; *09.02.1732 in Dgst; -10.02.1732 in Dgst (, 1732/184/15, KB_k); +18.05.1779 in Amstelodamii/NL (, 1779/007/03, KB); ±in Dgst; Paten: Dütten, Simon

Philip van Daehl war überglücklich über diese gute Nachricht und suchte erneut nach Simon Kirchberg in Amsterdam, wobei zu beachten war, dass der Name in Amsterdam nach Kerkberg und Kerkberk “übersetzt” wurde – es wurde eben nach Gehör aufgeschrieben.

Und siehe da – Simon Kergberg heiratete 1759 in Amsterdam, sein Trauzeuge war Christiaan Heynevetter (Heinevetter)!

Simon Kirchberg = Simon Kerkberg, 27 jaar, van Dingelstad, rooms, won in de Elantstraat, geassisteerd met … CHRISTIAAN HEYNEVETTER, o.tr. Amsterdam 20 april 1759 Harmina Schoute, van Arnhem. Simon ist begraben Karthuizer Kerkhof 11 mei 1779.

Das war der ultimative Beweis dafür, dass Christiaan Heinevetter tatsächlich aus Dingelstädt und nicht aus Dingelsdorf kam! Die Nadel im Heuhaufen wurde – nach jahrlanger Suche – endlich gefunden!

Als außerordentlich wertvoll erwiesen sich die neuesten Online-Suchmöglichkeiten wie die digitalen Bestände in Amsterdam und Ortsfamilienbücher in Deutschland. Sicher wird mit zunehmender Digitalisierung von Personenstandsunterlagen, Archivbeständen und Kirchenbüchern (z.B. via Archion  oder Matrikula), zukünftig noch manches Rätsel gelöst werden können – was bisher fast unerreichbar schien.

Und es hat sich gezeigt, wie hilfreich es sein kann, sich in Arbeitskreisen und anderen Forschungsgemeinschaften miteinander zu vernetzen, Kontakte auch über Ländergrenzen hinweg gut zu pflegen und von Zeit zu Zeit im Internet auf Neuigkeiten zu schauen, um so noch manch andere genealogische “Stecknadel im Heuhaufen” tatsächlich finden zu können.

Autoren: Philip von Daehl, Amsterdam/NL; Matthias Heinevetter

siehe gern auch noch ausführlicherer Blog-Artikel auf Herrenschmiede.de
https://www.herrenschmiede-heinevetter.de/famfo_nt-christiaan-heijnevetter-van-dingelsdorp-1755/