Die Fichtenmühle im Triebischtal bei Garsebach – Eine Chronik

von Hans Dieter Schneider und Thomas Mitreiter - 14.10.2020

Die Chronik der Fichtenmühle ist eine spannende Geschichte über eine Familie, die fast 300 Jahre im Mühlengut lebte und arbeitete. Eben diese Familie gab der Mühle, die seit dem 13. Jahrhundert bis heute im Triebischtal bei Meißen in Betrieb ist, ihren Namen: die Fichtnerische Mühle, heute Fichtenmühle.

Das Triebischtal, das vom Tharandter Wald bis zur Elbe in Meißen reicht, war reich an Mühlen. Auf der Meßtischkarte von 1939 ist die Fichtenmühle eingezeichnet. Sie liegt im früher genannten Ortsteil Obergarsebach.

Auf der Ur-Öderkarte von 1586 ist die Fichtenmühle als „inferior mül 3 gänge“ [untere Mühle]  Ur-Öder 1586 ff, Blatt 227 (Meißen) eingezeichnet.

Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich die Mühle von einer ursprünglichen Herrenmühle zu einer Pachtmühle (Mitte des 15. Jh.), weiter zu einer Erbpachtmühle (ab Anfang 18. Jh.) zu einer Eigentumsmühle (Ende des 18. Jh).

Die Namensgeber der Mühle – Fichtner

Acht Generationen Fichtner-Müller in Garsebach sind zusammen mit ihren weggezogenen Kindern und angeheirateten Schwiegersöhnen erfasst. Die Fichtner, Müller in Garsebach, sind Abkömmlinge des Hans Vichtener, der aus Schlettau stammte: Villa Slettau: “Item Hans Vichtener III und ein halp mandel korn, in tantum avenae“ [Dorf Schlettau: Ebenso Hans Fichtner 3½ Mandel Korn, vorwiegend Hafer] (Quelle: Zinsregister des Augustiner Chorherrenstiftes St. Afra in Meißen)

Der Ur-Enkel Gregor Fichtner zog nach Garsebach und ist der Stammvater der Garsebacher Fichtner. Er war Gärtner in Garsebach, im Türkensteuerverzeichnis von 1501 ist er einer der vier besessenen Leute von Garsebach. Es folgen die Besitzer der Fichtenmühle. Die mittlere Jahresangabe ist das Jahr der vertraglichen Übernahme der Mühle:

  1. Sigismund Fichtner (* um 1510 – 1535 – + 1589)
  2. Benno Fichtner ( * um 1547 – 1589 – + um 1620)
  3. Paul Fichtner ( * um 1590 – 1620 – + 1678)
  4. Ambrosius Fichtner (* 1622 – 1643/52 – + 1678)
  5. George Fichtner (* 1653 – 1679 – * 1708) .
  6. Hans Fichtner (* 1657 – 1710 – + 1736) .
  7. Johann George Fichtner (* 1722 – 1742 – + 1769)
  8. Anna Rosina Fichtner, geb. Kirsten ( – 1770/1782 – + 1790)

Von 1769 – 1782 wurde die Mühle verpachtet.

Es sei hier an den verstorbenen Genealogen Werner Hoppe aus Meißen erinnert: „Sie forschen in der Lommatzscher Pflege und haben keine Fichtner-Vorfahren, das ist doch nicht möglich!

Verkauf des Mühlengutes

Nach Ablauf des Pachtvertrages mit Johann Gottlob Felgner hat dann „Anna Rosina Frentzelin, weyland Johann George Fichtners, gewesenen Erbmüllers zu Garsebach, hinterlassene Wittwe, nachher auch verehelicht gewesene Frenzelin“ mit „Genehmhaltung ihrer Tochter, Frau Rosinen Sophien geb. Fichtnerin, anitzo verehelichte Felgnerin in Roßwein […] ratione ihres zustehenden Vorkaufsrechtes, ihre bisher in Besitz gehabte in Garsebach bey Meißen befindliche und mit 50 g[ang]b[are] Schocken und 5 gl 3 d à 1. Quatbr: beschwerte Mahlmühle an den letzten Pächter Johann Gottlob Felgner, ihren „Vetter“ für 2.000 Gulden Meißnischer Währung verkauft“. (GB Meißen Nr. 79, fol. 546b ff.)

Der Verkaufsvertrag datiert vom 26. April 1782. Im Notarvertrag wurde von der sog. Fichtenmühle gesprochen. Wie die Notare auf die Sprach- und Sinnesumwandlung – Fichtnersche oder Fichtnerische Mühle in Fichtenmühle – gekommen sind, bleibt deren Geheimnis. Interessant noch der Hinweis auf ein Buch in der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek in Dresden aus dem Jahre 1668: „Dreßdnische Fichten / Oder Leichen Reden in der Churfürstl. Sächsischen Residentz und Haupt=Vestung Dreßden Auff Begehren gehalten Und in Druck befördert Von Samuel Fichtnern / Dresd. Der Heil. Schrifft Ergebenen.“ (Samuel Fichtner war ein Wittenberger Theologiestudent, der in seiner Geburtsstadt Dresden in der Zeit von 1666 bis 1676 gewirkt hatte.)

In der Zueignungs-Schrift zu diesen 35 Leichenpredigten schreibt Samuel Fichtner, dass die Fichte – gleich dem Lebensbaum im Paradies, dessen Frucht der Erkenntnis nicht genossen werden dürfe – ein Symbolbaum sei für hochzeitliche Freude als auch für Trauer. Sie sei für das Anzeigen der Freude bzw. Trauer gebraucht worden.

Die nachfolgenden Besitzer und Eigentümer der Fichtenmühle

Verkauf des Mühlengutes am 26. April 1782
Erwerber: Johann Gottlob Felgner

Die Familie Felgner hat die Mühle bis 1815 besessen. Auf dem Wege einer freiwilligen Versteigerung wurde die Mühle an den Müllermeister Carl Gottlob Herzog versteigert. Die Kaufgelder konnten nicht termingerecht entrichtet werden, so dass die Mühle 1823 zwangsversteigert wurde. Erwerber war Meister Johann Adolph Gottlob Rudolph.

Die weiteren Besitzer waren:

1838 – 1842 Carl Eduard Hans
1842 – 1846 Johann Gotthelf Striegler aus Niederstaucha
1846 – 1856 Johann August Kurth aus Baderitz b. Döbeln
1856 – 1885 Gotthelf Leberecht Naumann
1885 – 1919 Paul Clemens Naumann
1919 – 1923 Paul Osmar Naumann

Unter Paul Clemens Naumann wurde die Mühle vollkommen neu gebaut. In den Jahren vor 1920 wurde eine Francis-Turbine mit liegender Welle installiert. Hohe Verschuldung des Besitzers führte 1923 (Inflationszeit) zum Eigentumsübergang an die Getreidekreditbank Dresden und an drei weitere Eigentümer bis 1934.

Die Familie Friedrich Wenzel kauft die Fichtenmühle 1934. Seitdem ist sie im Familienbesitz:

1934 – 1969 Friedrich Wenzel
1969 – 1998 Ehrhardt Hupkau (oo Dora Wenzel)
1998 – 2003 Viola Hupkau (oo Ingolf Winkler (+ 2003))
2004 – dato Viola Winkler und Peggy Winkler

Auf Basis umfangreicher Recherchen, speziell zur Geschichte der Familie Fichtner, entstand ein reich bebildertes Buch als lebendiges Zeugnis der Lebensumstände und der rechtlichen Situation der jeweiligen Mühlenbesitzer. Im Anhang finden sich die 26 Transkriptionen der Verträge sowie einiger anderer Zeitdokumente, wie zum Beispiel die Übertragung der Klage der Müller gegen den durch die Stadt Meißen erlassenen Mahlzwang von 1629.

Die Chronik enthält neben zwei kleineren Exkursen zum Dreißigjährigen Krieg im Meißner Land und einer weiteren verwandtschaftlichen Beziehung zu einer Müllerfamilie in Herzogswalde auch eine Fülle an altem Kartenmaterial sowie eine Abbildung der Mühle aus dem 19. Jahrhundert.