Erfassung alter Steuerlisten der Ämter Leuchtenburg und Orlamünde am Beispiel des Ortes Zeutsch/ Saale

von Steffen Mücke - 03.05.2021

Beim Forschen für Familien- oder Ortschroniken stößt man anfangs auf recht mannigfaltiges Geschehen und viele Quellen, gerade aus jüngeren Zeiten. Vor Ort finden sich einerseits kirchlich geführte Register, zumeist dem Tauf-, Trau- und Todesgeschehen gewidmet, seltener schon auch kircheninterne Rechnungsbücher, Inventarlisten oder auch chronikalische Einträge, andererseits Aktenwürdiges in den weltlichen Amtsstuben.

Die Fülle des (noch) Vorhandenen ist regional wie auch örtlich unterschiedlich. Der Beginn der Kirchenbuchführung kann gut und gerne um hundert und mehr Jahre differieren. So findet man frühe Bücher in angeführten Ämtern der im thüringischen Hexengrund gelegenen Gemeinden Engerda (mit Mötzelbach) ab 1562 und Heilingen (mit Dorndorf) ab 1568. Zum benachbarten Ort Zeutsch (mit Beutelsdorf) sind Kirchenbücher ab 1662 geführt worden oder besser ausgedrückt, von da an sind sie erhalten. Die ausführlichen Einträge gerade der frühen Sterberegister lassen darauf schließen, dass Daten aus noch älteren Büchern entnommen worden sind. Durch Nennung des Geburtsdatums, der Eltern und Paten, Hochzeiten, Partner und Kinder ergibt sich so auf engem Raum eine Lebenszusammenfassung sowie oft auch der (genealogische) Sprung ins späte 16. Jahrhundert. Dass es auch in Zeutsch ältere Kirchenbücher gegeben haben müsste, liegt nah.

Neben den kirchlichen Unterlagen finden sich in loser Sammlung auch z.B. frühe Kauf- und Lehnsverträge, gerade die adeligen Familien von Zeutsch, von Kropff, von Bronsart und von Kessel betreffend. In den Staatsarchiven Weimar und Altenburg lassen sich die umfassenderen Lehnsakten derjenigen Familien und noch anderer wie z.B. der von Eichenberg, Schleendorn oder Schütz finden, die ebenfalls Lehnsgüter im Ort besaßen. Hier entdeckt man punktuelle Aufführungen von lehnenden Familien, manche mehr, manche weniger ausführlich beschrieben, was Zeitpunkt und Umfang der Belehnung angeht. Man bekommt ein Bild vom Ort der damaligen Zeiten, kann aber daraus keine vollständigen Bewohnerlisten erstellen.

Die Patrimonialgerichtsbücher Zeutschs führen bis in die Jahre 1671 (von Kropff) und 1698 (von Kessel) zurück. Hieraus kann man Vieles entnehmen, was in den Bereich familiäre Angelegenheiten (Kauf-, Erbsachen) einzuordnen wäre. Auch manch kleinere Delikte, Anmahnungen oder Anordnungen, die in die Zuständigkeit des Patrimonialgerichtes fielen, findet man darin.

Die von Dresden aus angeordneten „flächendeckenden“ Steuereinnahmen führten zur Aufnahme von Steuerlisten, die die gesamte Bewohnerschaft des Ortes umfassen. Angeführt wurden dabei die Familienoberhäupter (die damaligen Lehnsträger) samt Besitz und Steueranschlag. Solche vom Amt Leuchtenburg ausgeführten Einnahmen und Verzeichnisse liegen für Zeutsch aus den Jahren 1541 und 1546 als Landessteuer, 1542 und 1555 als Türkensteuer und 1557 als Tranksteuer vor. Zudem existieren noch aus den Jahren 1511 und 1481 ausführliche Lehnsregister, eingeordnet im Amtsbuch Orlamünde.

Spätere Steueranschläge finden sich 1603, 1631, 1637, 1644, 1646, 1651, 1653, 1685 und 1715. Zudem wurde ab dem Jahre 1773 ein sehr ausführliches Lehnsbuch angelegt, welches bis ans Ende des 19. Jahrhunderts heran führt. Dort werden familiäre Beziehungen festgehalten, ebenso, an wen zu welcher Zeit welche Grundstücke „übergingen“. So ist für ein genealogisches Arbeiten in Zeutsch ein guter und ausführlicher Grundstock gelegt.

Beim Besehen der Steuerlisten kam die Frage nach einem bestimmten Muster im Eintragen der Amtsschösser auf. Gleichbleibende Familiennamen tauchen zumeist an derselben Stelle auf, so dass man annehmen darf, dass es sich auch um dasselbe Grundstück handelte. Außerdem gibt es manche Häuserbezeichnung, z.B. „die Mühle“ oder das „Haus an der Brücke“, die immer in selber Zahlenfolge stehen. Auch kann man z.B. verfolgen, wie lange ein abgebranntes Haus ruinös bis zu einem Wiederaufbau blieb und von wem dieser erfolgte.

Eine 1829 stattgefundene Flurvermessung respektive Kartierung des Ortes und seiner Fluren beinhaltete ein Nummerierungssystem, welches dem der alten Steuerlisten recht nahe kam, wenn auch beinahe 300 Jahre dazwischen lagen und die Zahl der Grundstücke sich seither verdoppelt hatte. Die alten Leuchtenburger Amtsschösser gingen in ihrer Auflistung der Reihe nach vom Ortseingang aus Orlamünde kommend hin in den Dorfkern und zum Ortsausgang Richtung Beutelsdorf, wo früher noch eine alte Mühle stand. So konnte der Großteil der in den alten Steuerlisten angeführten Zeutscher den von ihnen damals bewohnten Parzellen zugeordnet werden. Die zeitliche Nähe (meist liegt nicht mehr als eine Generationsfolge zwischen den einzelnen Steuerlisten) kann eine direkte Genealogie vermuten, wenn auch nicht in jedem Fall beweisen lassen. Nicht zuletzt existiert ein zeitgleich zur Flurvermessung angeführtes Kataster für Zeutsch, die den auf der Karte nummerierten Häusern die darin lebenden Familien zuordnete.

Da die genannten und im Staatsarchiv Altenburg vorliegenden Steuerregister die gesamten Ämter Leuchtenburg, Roda und Orlamünde betreffen, in den allermeisten Gemeinden die Kirchenbücher gut erhalten sind und oft früh beginnen (manche findet man seit kurzem auf Archion) und sicher auch Gerichtsbücher, Kataster und einzelne Aktenvorgänge zu finden sind, ähnlich wie zu Zeutsch, stellt das für Forschende in dieser Gegend einen erfolgversprechenden Weg dar.

Nachtrag: Auf die aktuelle Diskussion den forschenden Hintergrund betreffend Bezug nehmend: Aus einer reinen Familienforschung wuchs im Verbund mit dem ortsansässigen Verein “Christiane Eleonore von Zeutsch e.V.” und einer ehemaligen Bürgermeisterin der Wunsch, Historisches zu entdecken und zusammen zu stellen. Die jahrelangen Archivrecherchen wachsen momentan zu einer Ortschronik im erzählenden Stil mit dem Titel “Was ist, was hat schon Zeutsch?” zusammen, die sich u.a. mit jener Großmutter Katharina II. sowie vielen Begebenheiten und Zusammenhängen der letzten 500 Jahre im Ort beschäftigt.